Und es gibt Menschen, die dafür Sorge tragen. Ich durfte einen Tag an der Nahtstelle zwischen realer und digitaler Welt erleben. Allerdings begann dieser Tag schon 5.45 Uhr und das im Urlaub, aber was tut man nicht alles, um die fortschreitende Digitalisierung hautnah zu erleben. Schon 6.50 Uhr gibt es erste Fragen aber auch Komplikationen auf dem Dresdner Hauptbahnhof. Ein Böhmenticket wird angeboten, aber der Preis ist weder am Automaten noch am Servicepoint der DB zu erfahren (der offensichtlich schlecht beheizte Servicepoint soll das bis um sieben geschlossene Reisezentrum der DB informationstechnisch ersetzen – es ist auch absolut „verständlich“, dass zwar fast alle Serviceeinrichtungen im Bahnhof schon ihre Dienste anbieten nur eben die Bahn, um die es ja gehen soll, noch nicht….). Die inzwischen erworbene Fahrkarte nach Bad Schandau lässt sich nicht stempeln. 7.00 Uhr Abfahrt mit der S-Bahn in Richtung Zielgebiet und schon in Heidenau wird zur großen Freude einer Mitfahrerin Schnee gesichtet – der Tag scheint trotz unchristlicher Weckzeit gerettet. 7.48 Uhr sitzen wir im Zug nach Tetschen (D??ín)und werden von einem tschechischen Schaffner umfangreich informiert. Er ist vollständig beglückt, sein tragbares High-tech Instrument der Fahrplankontrolle und des Fahrkartenauswurfs an unserem Tagesfahrplan zu testen – wir erhalten einen Fahrschein Sone+ für Personenzüge, der uns hunderte von Kronen gegenüber der Sone+ für Schnellzüge sparen soll – allerdings müssen wir später noch einen Zuschlag für die Strecke zwischen Reichenberg (Liberec) und Turnau (Turnov) lösen. 7.53 Uhr Zustieg der anderen Digitalisierer in Niedergrund (Dolní Zleb). Gegen 8.00 Uhr dann Eintreffen im Zielgebiet. Es macht sich Begeisterung breit für kostenlos erhältliches Infomaterial der tschechischen Bahn – Fahrten nach Dresden (unter Nutzung der Sone+-Fahrscheine) werden beworben. Wir sitzen in einem Personenzug offensichtlich allseits bekannter Bauart. Es wird warm. Wir dürfen den Blick in ein Weihnachtsgeschenk werfen – ein Atlas der russischen Strassenbahnnetze – ich bin begeistert, denn es tun sich allseits völlig unerwartete Marktlücken auf. Es wird ziemlich warm. Die von uns genutzte Regionalschaukel fährt an diversen allseits bekannten Bahnhöfen mit angeschlossener oder geschlossener Gastronomie entlang. Diese werden von den Fachkundigen natürlich schon viele Kilometer zuvor kenntnisreich angekündigt. Es wird schon eher heiß. Wahre Begeisterungsstürme und ein irrer Drang zum Fenster wird von der Aufschrift „Hier ist kein WC“ (Zde není WC) an einem kleinen Bahnhof ausgelöst. Ich wünsche mich in die Sauna – dort sind die erreichten Temperaturen erträglicher. Ich muss erfahren, dass DIE drei großen offenen Fragen am heutigen Tag nicht geklärt werden. Darob etwas traurig, jedoch beim Aussteigen und frische Luft Atmen neuen Lebensmut schöpfend, erreichen wir gegen 11.15 Uhr Reichenberg (Liberec). Wir geniessen die Ursprünglichkeit der Bahnhofsgaststätte. Aber die Knödel sind nicht gut. Der Plan wird geändert und wir werden mit viel mehr Schnellzügen fahren als gedacht – Einsparungen von hunderten von Kronen verflüchtigen sich ins Nichts – für BWL-ler eine herbe Enttäuschung – Ingenieure zeigen absoluten Gleichmut, denn was sein muss, muss sein – denke, daran ein Aufbaustudium der Ingenieurskunst aufzunehmen. 12.04 Uhr sitzen wir im Schnellzug und sind dementsprechend schnell in Turnau (Turnov). Kaum angekommen, sitzen wir auch schon im Schnellzug nach Prag (Praha), den wir allerdings auch ganz schnell in Münchengrätz (Mnichovo Hradišt?) verlassen. Während die Digitalisierer die schon fast Bahnhofsgaststätte zu nennende Kneipe am Bahnhofsvorplatz stürmen, lockt zumindest für die wenigen Minuten bis zur Weiterfahrt doch das Schloss. Unternehme mit einer Abtrünnigen einen unsensiblen Abstecher zur Hochkultur – im Sommer sahen Schloss und Park natürlich schon besser aus. Trotzdem fühle ich mich geistig gestärkt für den Rest der Reise. Erste Erinnerungslücken werden überdeutlich – meine, dass wir nach Backofen (Barkov) weiter gefahren seien, was natürlich auch auf das morgentliche Zugerlebnis zurückführbar sein könnte. Uns wird ein moderner Zug angekündigt. Das Ereignis tritt 14.57 Uhr ein und wir steigen ein. Schon 15.45 Uhr steigen wir in Böhmisch Leipa (?eská Lípa) wieder aus und um. Gegen 16.20 Uhr erreichen wir einen Haltepunkt mit Bahnhofsgaststätte (Jedlová). Die Digitalisierer fühlen sich bestätigt – die Globalisierung schreitet voran und sie tun ein gutes Werk dafür, denn die Gaststätte mitten in der böhmischen Provinz wird von einem tschechisch-thailändischen Pärchen betrieben, was offensichtlich Heerscharen von Gästen anlockt – ja, einen Nachmittag Globalisierung erleben, ist schon toll. Da wir keine thailändische Nudelsuppe bestellen, sondern nur tschechischen Tee, sind wir das letzte Glied in der Bestellkette und nicht alle Wünsche werden erfüllt. Dafür warten wir nun sehnsuchtsvoll auf den Anschlusszug. Das tun auch weitere mit Kameras bewaffnete Leute – gibt es doch mehr Digitalisierer als ich je annahm – werde doch leicht unruhig, ob meines bisher unbedarften Lebens. Der Zug – zwei Triebwagen – fährt ein und wird fotografiert. Ich steige schon fast in den zweiten, da leeren Wagen ein. Allerdings wird mir bedeutet, dass wir uns wie die meisten anderen Leute in den ersten Wagen hineinquetschen werden. Wider alle Erwartung finden wir Sitzplätze und können das wirklich gute Design des Wagens geniessen – früher verstanden die Zugbauer noch etwas davon, selbst der Fahrt mit der letzten Bimmelbahn am Rande der Welt etwas mondänes zu verleihen. Wir erreichen gegen 17.45 Uhr (Ende der Zeit) Tetschen (D??ín) und suchen das Restaurant Rathaus (Radnice) auf. Wie schon oft am heutigen Tag sehe ich auch hier wieder die Züge meiner Begleiter vor Entsetzen starr werden. Ungläubig schauen sie sich im modernen Interieur um. Warum wohl die Tschechen nicht bei ihrer schönen Ursprünglichkeit bleiben, scheint rätselhaft. Ein letztes großes Abenteuer soll uns erwarten – das Anhalten eines Zuges an einem Bedarfshalt. Ohne die Begleitung der erfahrendsten Digitalisierer machen wir uns auf den Weg und stellen fest, dass der Haltpunkt hinter einer Kurve liegt. Hier kommt auch deutsche Ingenieurskunst an ihre Grenzen und wir finden keine geeignete Lösung, uns dem Zugführer entsprechend bemerkbar zu machen. Doch, welch großes Wunder – der Zug hält auch so – wahrscheinlich wurde unsere Anliegen schon vom großen weltweiten Netz richtig erkannt und da wir ja nun von den Guten sind, erhielt der Zugführer vom neuen Dienst www.Google-Bedarfshalt.com die Weisung anzuhalten. Müde, aber glücklich lümmeln wir uns in Bad Schandau in der S-Bahn nach Dresden in die ganz und gar nicht mondänen Sitze. Dann werden wir Zeuge einer Verbrecherjagd. Leider wurde der Fortgang der Szene nicht im Zug-TV übertragen und so erhielten wir nur partiellen Einblick, aber es war so spannend, dass wir nicht einschlafen und daher wirklich am Hauptbahnhof aussteigen können.
Wer nun die Erfolge bei der Digitalisierung unserer (noch) heutigen Welt Einsicht nehmen will, kann dies unter http://home.tiscali.de/pivnice/ tun. Viel Spaß!